Im Rahmen der Vergabe des Titels „Leuchtendes Vorbild“ der Stadt Rüsselsheim haben Bürger der Stadt die Möglichkeit Persönlichkeiten der Stadt vorzuschlagen, die ihrer Meinung nach eine besondere Vorbildsfunktion eingenommen haben. Auch wir, das Zeltlager St. Georg haben ein Vorbild. Unser leuchtendes Vorbild ist Pfarrer Karl-Heinz Beichert, der für viele Jahre die tragende Säule der Gemeinde St. Georg war und der Urvater unseres Zeltlagers ist. Der folgende Text wurde daher als Vorschlag bei der Stadt eingereicht. Eine Jury wird im September entscheiden, welchem der Vorschläge sie nachkommt und ihm den Titel „Leuchtendes Vorbild“ verleiht.

Monsignore Karl-Heinz Beichert 1919 – 2008

Vorgeschlagen von… Jens Bastian, 2019, im Namen aller aktiven und ehemaligen Teilnehmer, Betreuer und Freunde des Zeltlagers St. Georg Rüsselsheim:

„Allen, die sich an ihn erinnern, stehen als erstes die Wärme und Menschlichkeit vor Augen, die ihn als Person und 37 Jahre als Pfarrer von St. Georg in Rüsselsheim ausmachten. Msgr. Karlheinz Beichert wurde vor fast hundert Jahren in Rheinhessen geboren, am 09.11.1919. Dorthin zog er sich auch im Ruhestand zurück und starb am 23.02.2008.

Was ihn für uns heute zu einem leuchtenden Vorbild macht ist, wie er es schaffte sein Leben und sein Amt in einer Zeit von extremen Wandel an den Bedürfnissen der Menschen seiner Stadt Rüsselsheim auszurichten. Dabei reichte sein Blick vom Anfang seines Wirkens, im Jahr 1959, über die normale Pfarreiarbeit hinaus. Im ökumenischen Miteinander, aber vor allem in den sozialen Herausforderungen der wachsenden Stadt Rüsselsheim fand er seine große Herausforderung. Als Dekan, und damit höchster Repräsentant der katholischen Kirche in Rüsselsheim und im Kreis für 25 Jahre, prägte er viele Entwicklungen mit. Von Beginn an bedeutete Seelsorge für ihn mehr als nur das Verwalten einer Pfarrei und den Blick nach innen. Für ihn hieß das die Unterstützung der Opelarbeiter, viele davon neu in der Stadt und mit all ihren individuellen Nöten. Das mündete nach einigen Jahren in der Gründung der katholischen Betriebsseelsorge in Rüsselsheim.

Sein besonderes Augenmerk in St. Georg lag auf der Jugendarbeit. Hier war er unermüdlich auf der Suche nach Spenden, um Räume für vielfältige Jugendgruppen zu schaffen. Gleich in seinem ersten Jahr fuhr er mit Dutzenden von Kindern, deren Familien sich keinen Urlaub leisten konnten, und einigen jugendlichen Betreuern nach Seibertshofen. Damit begründete er das jährliche Zeltlager St. Georg, das seit 60 Jahren ununterbrochen, an einer Wiese mit Bach, naturnah, ursprünglich gehalten, irgendwo in Deutschland oder im nahen Ausland stattfindet. Bis 1995 begleitete es Msgr. Karl-Heinz Beichert persönlich. Doch noch heute trägt es seinen Geist direkt weiter, zuletzt mit über 40 Teilnehmern, 15 Betreuern und einem Förderverein.

Im gleichen Jahr 1959 übernahm Msgr. Karl-Heinz Beichert im Rahmen der Pfarrcaritas die Betreuung der sogenannten „Gastarbeiter“, Migranten aus Südeuropa, die bei Opel arbeiteten. Vor allem hier leistete er bahnbrechende Arbeit, initiierte die Betreuung durch Ehrenamtliche. Die Neu-Rüsselsheimer wurden in den Opelwohnheimen unter heutigen Gesichtspunkten mit nicht zumutbaren Wohnverhältnissen besucht, man versuchte Zimmer zu vermitteln, um wenigstens Einigen vertretbare Räumlichkeiten zu ermöglichen. Hier setzte sich gerade Msgr. Karl-Heinz Beichert immer wieder und wieder persönlich ein. Ein großer Erfolg im Blick auf diese Gruppe der Migranten war die Gründung des „Hauses der Begegnung“ für Italiener und Spanier. Dafür sammelte er fast eine Million D-Mark an Spenden. Neben diesen fanden insbesondere Portugiesen und Goanesen eine feste Heimat in St. Georg.

Für Jugend und Sport setzte er sich vielfach ein. Unter seiner Leitung erwarb die Gemeinde St. Georg 1961 in Erbpacht das Grundstück für die OJK Eintracht, damit diese dort ihren Sportplatz bauen konnte. In der Nähe ließ er die Pfadfinderschaft St. Georg ihr Vereinsheim errichten und mietete für diese in den achtziger Jahren sogar ein Biotop an, um dieses selbst zu gestalten.

Aber mindestens so wichtig wie diese institutionell fassbaren Aspekte seiner Arbeit war sein Gespür, Menschen jeden Hintergrunds persönlich zu helfen, ohne dass er sich dabei um Grenzen von Pfarrei und Religion kümmerte. Es gibt heute noch dutzende von Menschen in der Stadt, die sich dankbar daran erinnern, wie Msgr. Karl-Heinz Beichert sie in existenziell schwierigen Situationen unterstützte; auch materiell, wenn es möglich war, oder indem er notwendige Hilfe vermittelte. Viele Menschen in der Stadt wurden von ihm berührt, genau wie seine Gemeindemitglieder in St. Georg, die ihn Sonntag für Sonntag erlebten. Er ist nie ein Mann der großen Worte gewesen. Er war immer jemand, der im persönlichen Gespräch durch seine Echtheit und Direktheit überzeugte. Das hatte sicher auch mit seinem Weg in den Priesterberuf zu tun.

Nach dem Aufwachsen in einem kleinen Weinort in Rheinhessen machte er den ganzen Zweiten Weltkrieg mit. Teils schreckliche Kriegserfahrungen und persönliche Verluste dort brachten ihn dazu Theologie zu studieren. Er blieb bescheiden und zurückhaltend, nachdem ihn die Anerkennung seiner Mitbrüder und der kirchlichen Hierarchie zum Dekan und sogar zum „Monsignore“ gemacht hatte. Er wolle einer „für die unten sein und nicht die da oben“. Das war sein Motto, nach dem er sein Leben lebte und in dem sich sein Leben spiegelt. Gerade das macht seinen Charakter als Vorbild aus.

Anlässlich seines 100. Geburtstages, welcher am 09. November 2019 gewesen wäre, hätte die Stadt Rüsselsheim nun die passende Gelegenheit ihn auch offiziell zum leuchtenden Vorbild der Stadt zu machen. Für viele Menschen ist er dies bereits seit vielen Jahrzehnten.“

Vorschläge zur Wahl zum „Leuchtenden Vorbild“